Doch kehren wir nun zur wechselvollen Geschichte der Ahauser Stikkenfabrik zurück.
Wie eingangs berichtet beginnt die Produktion von Sicherheitszündhölzern, den sogenannten Schwedenhölzern, im Jahre 1881 mit 45 Arbeitern. In den ersten Jahren war die Verarbeitung des Pappelholzes bis auf die Benutzung einer Schäl- und einer Abschlagmaschine reine Handarbeit, die sich bis auf die Fertigung der Schachteln in Heimarbeit und die anschließende Befüllung in der Fabrik erstreckte. Vom wirtschaftlichen Erfolg nicht recht überzeugt, verkauften die Fabrikgründer das Ahauser Werk 1887 an den Dortmunder Kaufmann Joseph Kurtz. Unter ihm firmierte die Stikkenfabrik als „Westfälische Zündwaaren-Fabrik in Ahaus“. Die unter der Familie Kurtz bald darauf durchgeführte Erweiterung des Betriebes mit der Herstellung elektrischer Glühbirnen (die Firma trug nun den Namen „Polar Zündwaren- und Beleuchtungs-Industrie GmbH) führte nicht zu einem Aufschwung, so dass dieser Betriebszweig schon nach kurzer Zeit wieder aufgegeben wurde.
1914 kaufte die Firma Stahl & Nölke AG aus Kassel das Ahauser Unternehmen (Firmierung: Stahl & Nölke Actien-Gesellschaft für Zündwarenfabrikation). Durch die nun verbesserte technische Einrichtung stellte sich endlich der erhoffte wirtschaftliche Erfolg ein. Zudem schlossen sich die deutschen Zündholzfabriken zu einer gemeinsamen großen Aktiengesellschaft zusammen, die die Kräfte bündelte. Ab 1925 war nun das Ahauser Werk ein Zweigwerk der „Deutschen Zündholzfabriken, Berlin“. Im Jahre 1927 erfolgte ein weiterer Ausbau der Fabrik, so dass nun täglich 400 000 Schachteln mit 24 Millionen Streichhölzern produziert werden konnten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die Zündholzfabrik zunächst an die alten Erfolge anknüpfen, doch verschlechterte sich der Absatz von Streichhölzern, nicht zuletzt durch den Verkaufsschlager des Einweg-Feuerzeuges, immer mehr. 1978 kam dann nach fast einhundert Jahren Stikkenfabrik das Aus für Ahaus. Der Aufsichtsrat verkündete im Mai folgendes an die Mitarbeiter: „Der Aufsichtsrat der Deutschen Zündholzfabriken GmbH hat in seiner Sitzung am 19. Mai 1978 beschlossen, die Produktion von Zündholzschachtelware im Werk Mannheim-Rheinau zu konzentrieren. Grundlage für diese Entscheidung ist eine Empfehlung der Konzernleitung, die Fertigung in einer für die Bundesrepublik zentral gelegenen Fabrikationsstätte aufrecht zu erhalten. Die Geschäftsführung wird in einer Betriebsversammlung Anfang nächster Woche der Belegschaft die Gründe im Einzelnen Erläutern.“ Es war die dritte Werksschließung innerhalb der Deutschen Zündholzfabriken GmbH in Deutschland. Nicht nur die Ahauser, ganz allgemein befand sich die Zündholzindustrie in einer großen wirtschaftlichen Krise. Der Wettbewerbsdruck ausländischer Unternehmen und der damit verbundene rigorose Preiskampf brachte die Zündholzindustrie Deutschlands nahezu zum Erliegen. So musste auch das Mannheimer Werk 1984 schließen, nachdem im Jahre 1983 das Streichholzmonopol in Deutschland erloschen war und somit unbegrenzt billigere Zündhölzer aus dem Ausland importiert werden konnten.
Im Frühjahr 2010 wurden die letzten Gebäude und der Schornstein der Zündholzfabrik abgerissen.